Große Auswahl nicht-passender Schuhe?
Marie hat Schuhgröße 43 und braucht dringend neue Schuhe. Warum das immer noch ein Problem ist und was schon viel besser geworden ist als früher, erzählt sie für Melongia:
Kennt ihr diese Filme, in denen Frauen aus Frust in Schuhläden gehen und sich 5 Paar Stöckelschuhe kaufen, die sie niemals anziehen werden, die aber ihrer Seele guttun?
Ich bin Mitte 30 und hatte in meinem Leben noch nie High Heels an. Wollte ich eigentlich auch nie, denn als Frau über 1,80 Meter muss ich mich nicht noch größer machen. Mir würde es ja reichen, wenn ich einfach in einen Schuhladen gehen könnte und mit 3 Paar ganz normaler Schuhe nach Hause ginge. Aber im Gegensatz zu den Film-Damen habe ich zwar keinen Frust, bevor ich in den Schuhladen gehe, dafür aber umso mehr, wenn ich mit leeren Händen wieder rauskomme. Ich habe nämlich zu große Füße.
Eigentlich sind meine Füße gar nicht "zu groß", sie sind recht schmal und passen proportional wunderbar zu meinem Körper. Ich weiß nicht genau, was schöne Füße auszeichnet, aber besonders seltsam oder anatomisch verkorkst sind meine Füße definitiv nicht. Die Schuhindustrie hat sich aber vor vielen Jahren dafür entschieden, dass Damenfüße maximal 26,8 cm lang sind - das entspricht Schuhgröße 42.
Als ich 16 war, gab es noch kein großes Internet-Schuh-Angebot und die lokalen Geschäfte führten selten Übergrößen. Ich hatte also eine echt tolle Teenie-Zeit mit Turnschuhen zum Röckchen. Als Begleitung im Schuhgeschäft war ich beliebt, weil es bei mir nie lange dauerte, bis ich alle Schuhe in meiner Größe gesichtet und so umso mehr Zeit für die Beratung meiner Freundinnen hatte. Anfangs bekam ich noch mitleidige Worte, aber beide Seiten hatten sich schnell daran gewöhnt, dass es eben keine "Kindersärge" für meine "Freak-Füße" gab.
Über die Jahre habe ich mir einen guten Stamm an Schuhen zugelegt. Manchmal kaufte ich die Schuhe doppelt für schlechte Zeiten. Fast alle waren schwarz. Für Extravaganzen war in meiner Größe kein Platz. Wobei das so nicht stimmt. Es gab sehr originelle Schuhe in meiner Größe: Offenbar glaubten Schuhhersteller, dass besonders Damen ab 70 große Füße haben und boten orthopädische Finessen in glänzendem Kroko-Leder an.
Jetzt ist das anders. Das Internet hat die Welt verändert. Das Internet hat die Schuh-Welt revolutioniert! Es gibt sie, die Schuhe in Übergrößen! Bei Zalando (23.000 Damenschuhe) bekomme ich 3.300, bei Gebrüder Götz (6.100 Damenschuhe) immerhin 780 Schuhe in meiner Größe angezeigt. Ziehe ich die Unisex-Schuhe (Hausschuhe, Sportschuhe) ab, bleiben immer noch 1.900 bzw. 540 Paare übrig. Ich habe leuchtende Augen und verstehe die Welt nicht mehr! Egal! Ich kaufe jetzt Schuhe!
Nach ein paar Tagen bringt der Paketbote große Kisten zu mir nach Hause. Die Anprobe beginnt und nach drei Paaren fürchte ich schon, dass der altbekannte Frust wieder hochkommt. Was sind das für Schnitte?
- Aus den Pumps und Ballerinas schlupft meine Ferse immer raus. Ich versuche anders zu laufen, aber keine Chance - ich habe keinen Halt. Mir fällt auch kein Trick ein, wie ich den Schuh an meiner Ferse fixieren könnte.
- Das nächste Problem sind meine Zehen. Ich muss in mehrfacher Hinsicht an meine kleine Tochter denken. Kürzlich habe ich ihr das Märchen vom Aschenputtel vorgelesen - die bösen Stiefschwestern haben sich einfach die Zehen abgehackt, um in den zu kleinen Schuh zu kommen. Das wäre eine Möglichkeit. Aber beim Kauf von Kinderschuhen habe ich gelernt, dass man die Innensohle zur Größenbestimmung rausnehmen kann. Also stelle ich meinen Fuß auf die Innensohle und stelle fest, dass der Schuh zwar lang genug ist, leider aber nur ca. halb so breit wie mein Fuß. Mir wird plötzlich klar, warum ich bei einigen Schuhen immer Druckstellen am kleinen Zeh bekommen habe. Nach kurzem Googlen weiß ich, dass mir Fehlstellungen, Gelenkschmerzen, Schleimbeutelentzündungen und Hühneraugen drohen, wenn ich mich dennoch in den Schuh quetsche. Ich höre die Tauben gurren "Rucke die guh, Rucke die guh, Blut ist im Schuh" und packe sie wieder in den Karton.
- Bei den Öko-Latschen habe ich dann das gegenteilige Problem: sie sind zu weit und fühlen sich an wie ein Klotz am Bein. Trotz meines Wunsches nach nicht-zu-engen Schuhen will ich außerdem keine Clown-Schuhe tragen. Eitelkeit gibt es auch in Größe 43!
Bevor ich anfange zu heulen, mache ich die erste Kiste von Gabor auf. Der Schuh hat ein Komfort-Fußbett und passt. Ich schlupfe nicht raus, die Zehen sind nicht eingequetscht ("Best-Fitting") und er sieht auch ok aus. Jetzt stehe ich hier mit 5 Gabor-Kisten mit Stiefletten, Sandalen und Trotteurs und weiß nicht, ob ich wirklich alle behalten soll. Ist das nicht etwas dekadent? Quatsch! Ich muss Gabor durch meinen Kauf unterstützen, damit sie weiter Schuhe in meiner Größe herstellen!
Ich fühle mich mit meinen bequemen, dezenten Tretern wie eine Film-Dame in High Heels. Vielleicht nicht ganz. Ich kann es nämlich immer noch nicht glauben...
Die Schuhe von Gabor gibt es vor allem in den Übergrößen 43 und 44, sowie ein paar Modellen in 45 und 46. Wir hoffen sehr, dass Gabor das Angebot weiter ausbaut und zukünftig noch mehr Damen auf großem Fuß fündig werden.